Grünzüge sind Verbindungskorridore zwischen Lebensräumen. Sie ermöglichen den bodenlebenden Tieren und Pflanzen, Pilzen und Flechten von einem Lebensraum zum anderen zu wandern. Aber auch für die Vögel und Fledermäuse sind die Grünzüge von großer Bedeutung. Sie dienen als Nahrungs-, Brut-, Aufzucht- und Lebensraumquartier. Die Grünzüge bieten Schutz vor Stürmen, Starkregen, Hitze usw. Wenn Grünzüge richtig angelegt sind, mit z. B. Knicks, auf denen die örtlich natürlich vorkommenden Bäume, Sträucher und Pflanzen wachsen, in denen kleine Feldgehölze gedeihen können und im besten Fall kleine Fließgewässer, Teiche und Tümpel vorkommen. Dies bedeutet immer den Schulterschluss mit einer Vielzahl von verschiedenen Pflanzen- und Tierarten.

Welche Probleme resultieren aus der Beseitigung von Grünzügen?

Unsere Natur und alles, was darin vorkommt, ist ein überaus komplexes System, in dem jedes Tier, jede Pflanze und jeder Pilz eine Aufgabe hat. Das gegenseitige Ineinandergreifen mach dieses System so wertvoll und unersetzlich aber auch so sensibel für Störungen. Sei es durch neue Baugebiete, Straßen, Parkplätze usw., die in der unbebauten Landschaft wie Betonwüsten wirken. Sie sind bei Starkregenereignissen mitverantwortlich für Überschwemmungen. Die versiegelten Flächen sind nicht in der Lage Wasser zu speichern und verschärfen unser Wasserproblem der Zukunft. Schon heute ist absehbar, dass wir in Zukunft große Probleme bei der Wasserversorgung haben werden. Der Klimawandel schlägt bereits jetzt voll durch. Die Erderwärmung von + 1,5 Grad haben wir in Mitteleuropa im Jahr 2024 bereits erreicht und es ist kein Ende in Sicht. Das ständig angestrebte wirtschaftliche Wachstum geht einher mit einem immer höheren CO² Ausstoß. Es bleibt nicht mehr allzu viel Zeit, um das Ruder noch herum zu reißen. Stattdessen wird immer mehr Acker- und Grünland versiegelt. In unserem Land werden jeden Tag 77 ha Fläche dicht bebaut mit Straßen, Häuser, Parkplätze, Leitungstrassen usw. Der Wahnsinn nimmt kein Ende!

Was heißt das konkret für „Scharrstücken“ und den dort bestehenden Grünzug?

Im Neubaugebiet Scharrstücken soll nun im zweiten Planungsanlauf der dortige Grünzug verschwinden. Was das für die Natur bedeutet, kann man nur erahnen. Der angrenzende Wald im Süd-Osten, der Kuhlbruch (im Volksmund auch Kammerwald genannt) wird vom nordwestlichen Wennsee und dem im Süden angrenzenden Erlenbruchwald abgeschnitten. Die derzeit noch durch die landwirtschaftlich bewirtschafteten Flächen bestehende Wanderachse für die bodenlebenden Tiere (Rehe, Wildschweine, Füchse, Dachse, Marder, Igel, Amphibien, Reptilien usw.) wird vernichtet. Stattdessen soll an dieser Stelle ein für viele Tiere unüberwindbares Neubaugebiet entstehen. Die erste Planung hatte noch einen Grünzug im Süd-Westen eingeplant, doch dadurch würde aus Sicht des Planers zu viel wertvolle Baufläche verloren gehen. Damit nimmt der Planer alle oben beschriebenen Probleme für Flora und Fauna und den Artenschwund in Kauf, denn eine Zerschneidung und Betonierung der Landschaft geht immer einher mit Artenschwund, Artenvernichtung und Zerstörung der angestammten Lebensräume.

 

Was passiert am Waldrand?

Dazu kommt die geplante Bebauung unmittelbar am Waldrand im Kuhlbruch = sog. Kammerwald. Der Waldrand stellt das Verbindungsglied zwischen dem Wald und in diesem Fall der Offenlandschaft dar. Jedes Jahr wandern zur Laichzeit Amphibien vom Wald in den Wennsee. Dort sorgen sie für Nachwuchs. Im Laufe des Sommers wandern die Tiere zurück in den Wald und überwintern dort, im nächsten Frühjahr beginnt das Ganze von vorn, ein immerwährender Kreislauf in unserer nächsten Nachbarschaft… Auch der Waldrand mit seinen z. T. 36 Meter hohen Bäumen und die dort lebenden Pflanzen und Tiergesellschaften werden massiv unter der geplanten Bebauung leiden.